LAG Baden-Würt­tem­berg v. 1.10.2024 — 2 Sa 14/24

Am 1. Okto­ber 2024 hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Baden-Würt­tem­berg ein Urteil zur Anwen­dung des Ent­gelt­trans­pa­renz­ge­set­zes (Entg­Tran­spG) gefällt. Gegen­stand des Ver­fah­rens war die Kla­ge einer Arbeit­neh­me­rin gegen ihren Arbeit­ge­ber im Groß­raum Stutt­gart. Sie for­der­te auf Grund­la­ge des Entg­Tran­spG sowie des arbeits­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­sat­zes eine höhe­re Ver­gü­tung für den Zeit­raum von 2018 bis 2022.

Sach­ver­halt

Die Klä­ge­rin, die in Teil­zeit auf der drit­ten Füh­rungs­ebe­ne des Unter­neh­mens beschäf­tigt war, mach­te gel­tend, dass ihre Ver­gü­tung unter dem Niveau ver­gleich­ba­rer männ­li­cher Kol­le­gen lie­ge. Sie ver­lang­te eine Anpas­sung auf das Niveau eines nament­lich genann­ten männ­li­chen Kol­le­gen oder hilfs­wei­se auf den Medi­an­wert der männ­li­chen Ver­gleichs­grup­pe. Das LAG ent­schied, dass der Klä­ge­rin nur ein Teil ihrer For­de­rung zustün­de. Aus den ein­ge­klag­ten rund 420.000 Euro brut­to wur­den ihr etwa 130.000 Euro brut­to zugesprochen.

Hin­ter­grund und gesetz­li­che Grundlagen

Das Ent­gelt­trans­pa­renz­ge­setz (Entg­Tran­spG) soll sicher­stel­len, dass Män­ner und Frau­en bei glei­cher oder gleich­wer­ti­ger Arbeit gleich ent­lohnt wer­den. § 3 Abs. 1 und § 7 Entg­Tran­spG ver­bie­ten Benach­tei­li­gun­gen auf­grund des Geschlechts hin­sicht­lich aller Ent­gelt­be­stand­tei­le und ‑bedin­gun­gen. Die­se Rege­lun­gen basie­ren auf euro­päi­schem Recht, ins­be­son­de­re auf Arti­kel 157 des Ver­trags über die Arbeits­wei­se der Euro­päi­schen Uni­on (AEUV). Die­se Vor­schrift for­dert, dass bei glei­cher oder gleich­wer­ti­ger Arbeit ein glei­ches Ent­gelt für Män­ner und Frau­en gezahlt wer­den muss.

Die Umset­zung die­ser Rege­lun­gen erfolgt in Ein­klang mit der Richt­li­nie 2006/54/EG, die Dis­kri­mi­nie­rung beim Ent­gelt unter­sagt. Damit ver­pflich­tet das Gesetz Arbeit­ge­ber, alle Beschäf­tig­ten, die glei­che oder ver­gleich­ba­re Tätig­kei­ten aus­üben, gleich zu behan­deln, unab­hän­gig von deren Geschlecht.

Urteil und Begrün­dung des LAG

Das LAG urteil­te, dass die Klä­ge­rin in bestimm­ten Gehalts­kom­po­nen­ten benach­tei­ligt wor­den sei, dar­un­ter Grund­ge­halt, Com­pa­ny Bonus, Pen­si­on One-Kapi­tal­bau­stein sowie vir­tu­el­le Akti­en. Ihre For­de­rung, die Ver­gü­tung auf das Niveau eines ihrer männ­li­chen Kol­le­gen anzu­he­ben, wur­de jedoch nur teil­wei­se akzep­tiert. Nach Auf­fas­sung des Gerichts muss ein hin­rei­chen­des Indiz vor­lie­gen, das eine geschlechts­be­ding­te Benach­tei­li­gung ein­deu­tig belegt. Die blo­ße Tat­sa­che, dass die Klä­ge­rin weni­ger ver­dien­te, rei­che nicht aus, um die vol­le Dif­fe­renz einzufordern.

Das Gericht ent­schied, dass im Sin­ne der Ent­gelt­trans­pa­renz­ge­setz ledig­lich die Dif­fe­renz zwi­schen dem Median­ent­gelt der weib­li­chen und der männ­li­chen Ver­gleichs­grup­pe als Nach­weis für eine geschlechts­spe­zi­fi­sche Dis­kri­mi­nie­rung gewer­tet wer­den kön­ne. Eine voll­stän­di­ge Anpas­sung „nach ganz oben“, also auf das Gehalt des best­be­zahl­ten Kol­le­gen, sei nicht gerecht­fer­tigt. Ein sol­cher Aus­gleich wür­de nur dann in Betracht kom­men, wenn eine kon­kre­te Benach­tei­li­gung in genau die­ser Höhe nach­ge­wie­sen wer­den könnte.

Das LAG folg­te dabei der Linie der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (BAG), die fest­legt, dass der arbeits­recht­li­che Gleich­be­hand­lungs­grund­satz auf den Durch­schnitts­wert der rele­van­ten Grup­pe abzielt. Der Anspruch der Klä­ge­rin, auf das Niveau eines beson­ders gut ver­die­nen­den männ­li­chen Kol­le­gen auf­ge­stockt zu wer­den, wur­de daher abge­wie­sen. Der Arbeit­ge­ber konn­te zwar nicht alle ver­blei­ben­den Gehalts­un­ter­schie­de schlüs­sig recht­fer­ti­gen, bei­spiels­wei­se durch Berufs­er­fah­rung oder Betriebs­zu­ge­hö­rig­keit. Den­noch hielt das Gericht die Ent­schei­dung für ange­mes­sen, da der Nach­weis für eine geschlechts­be­ding­te Dis­kri­mi­nie­rung nicht in vol­lem Umfang erbracht wor­den war.

Das LAG Baden-Würt­tem­berg hat die Revi­si­on zum Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) für bei­de Par­tei­en zuge­las­sen, da die Ent­schei­dung grund­sätz­li­che Bedeu­tung hat.

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