Der BGH hat in einem beachtenswerten Grundsatzurteil entschieden, dass die gesetzlichen Bestimmungen zum Verbraucherbauvertrag nicht für Verträge, die lediglich die Fertigstellung eines einzelnen Gewerks eines Neubauprojekts betreffen, gelten.
Die beklagten Eheleute ließen als private Bauherren einen Neubau errichten, wobei sie die erforderlichen Gewerke an einzelne Bauunternehmer vergaben.
Die Klägerin erbrachte von November 2018 bis Januar 2019 aufgrund eines Vertrags von August 2018 ausschließlich die Ausführung von Innen- und Außenputzarbeiten auf Einheitspreisbasis. Auf Abschlagsrechnungen in Höhe von 29.574,80 € leisteten die Beklagten Zahlungen in Höhe von 20.337,61 €.
Die Klägerin forderte die Beklagten zunächst unter Fristsetzung erfolglos zur Zahlung des offenen Betrags auf. Nachdem weiter keine Zahlungen erfolgten, forderte sie die Beklagten zur Stellung einer Bauhandwerkersicherung in Höhe von knapp 10.000 EUR. Die Klägerin verfolgte ihren Anspruch auf Bauhandwerkersicherung sodann gerichtlich. Das Landgericht gab der Klage auf Sicherheitsleistung statt. Die Beklagten legten gegen das Urteil Berufung ein. Das OLG vertrat die Auffassung, dass die ursprüngliche Klage auf Sicherheitsleistung unbegründet gewesen sei, da die Beklagten als Besteller Verbraucher seien und mit der Klägerin einen Verbraucherbauvertrag (i.S.d. § 650i Abs. 1, 1. Fall BGB) geschlossen hätten. Ein solcher liege auch bei einer — wie hier — gewerkeweisen Vergabe von Bauleistungen vor.
Die Klägerin wandte sich an den BGH und hatte dort Erfolg: Er stellte fest, dass die Klage auf Sicherheitsleistung ursprünglich begründet war und sich durch Zahlung erledigt hat. Das OLG hatte zu Unrecht die Vorschriften über den Verbraucherbauvertrag gemäß § 650i Abs. 1 BGB zugrunde gelegt.
Gemäß § 650i Abs. 1 BGB sind Verbraucherbauverträge solche Verträge, durch die der Unternehmer gegenüber einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird. Beim Verbraucherbauvertrag findet der gemäß § 650f Abs. 1 BGB grundsätzlich bestehende Anspruch des Unternehmers auf eine Bauhandwerkersicherung gemäß § 650f Abs. 6 Nr. 2 BGB keine Anwendung.
Der BGH stellt fest, dass bereits nach dem Wortlaut des Gesetzes sich der Unternehmer zum Bau eines neuen Gebäudes verpflichtet haben muss. Die Beauftragung eines einzelnen Gewerkes ist bereits nach dem Wortsinn kein Neubau. Zudem kann § 650f Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, 1. Fall BGB mangels Vorliegens einer planwidrigen Gesetzeslücke auch nicht entsprechend auf Verträge über einzelne Gewerke im Rahmen des Baus eines neuen Gebäudes angewandt werden.
Nachdem einige Oberlandesgerichte den Verbraucherschutz über das Sicherungsinteresse des Unternehmers gestellt haben, hat der BGH nunmehr klargestellt, dass Verbraucher, die einzelne Gewerke vergeben haben, auf Verlangen des Unternehmers Sicherheit für den voraussichtlichen Vergütungsanspruch zu stellen haben. Können oder wollen sie die angeforderte Sicherheit nicht leisten, gibt das Gesetz die Möglichkeit, Arbeiten einzustellen oder den Vertrag zu kündigen
Quelle: BGH, Urteil vom 16. März 2023 — VII ZR 94/22
Dr. Frank Biermann
Rechtsanwalt
Braunschweig