Mit einem Urteil vom 09. April 2024 stärkt das Bundesverfassungsgericht die Rechte leiblicher Väter.
Aktuelle Gesetzeslage
Derzeit unterscheidet das Gesetz zwischen leiblichen und rechtlichen Vätern. Ein leiblicher Vater ist derjenige, der das Kind durch Geschlechtsverkehr mit der Mutter gezeugt hat, während ein Samenspender diese Rolle nicht übernimmt. Ein rechtlicher Vater ist entweder mit der Mutter verheiratet oder hat die Vaterschaft mit ihrer Zustimmung anerkannt (§ 1592 BGB). Diese Differenzierung bedeutet, dass leiblicher und rechtlicher Vater nicht identisch sein müssen. Das Gesetz erkennt jedoch nur einen Vater mit Elternverantwortung an. Ein leiblicher Vater kann die Vaterschaft des rechtlichen Vaters anfechten, jedoch nicht, wenn zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind eine sozial-familiäre Beziehung besteht.
Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgericht
Das Bundesverfassungsgericht hat nun § 1600 Abs. 2 und 3 BGB für verfassungswidrig erklärt und kritisierte dabei besonders:
1. Es wird nicht beachtet, ob eine sozial-familiäre Beziehung zwischen dem leiblichen Vater und dem Kind besteht oder bestanden hat.
2. Die bisherigen Anstrengungen des leiblichen Vaters, die rechtliche Vaterschaft zu erlangen oder Kontakt zu seinem Kind zu halten, bleiben unberücksichtigt.
3. Selbst wenn die sozial-familiäre Beziehung zum rechtlichen Vater endet, hat der leibliche Vater nach einer gescheiterten Anfechtung keine weitere Möglichkeit, die rechtliche Vaterschaft zu erlangen.
Dies steht im Widerspruch zum Elternrecht leiblicher Väter gemäß Art. 6 GG. Eltern müssen die Möglichkeit haben, Verantwortung für ihre Kinder zu übernehmen. Voraussetzung für das Sorgerecht ist jedoch die rechtliche Vaterschaft.
Hintergrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
Der zu verhandelnde Fall verdeutlicht die Problematik: Ein leiblicher Vater eines dreijährigen Kindes lebte mit der Mutter zusammen, bevor sie sich trennten und sie eine neue Beziehung einging. Trotz regelmäßigen Kontakts zu seinem Sohn und dem Wunsch, die Vaterschaft anzuerkennen, verweigerte die Mutter ihre Zustimmung. Stattdessen erkannte ihr neuer Partner die Vaterschaft an und wurde rechtlicher Vater. Die Anfechtungsklage des leiblichen Vaters scheiterte, da eine sozial-familiäre Beziehung zwischen dem neuen Partner und dem Kind bestand. Mit seiner Verfassungsbeschwerde klagte der Mann über eine Verletzung seines Elternrechts gemäß Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG und bekam Recht.
Rechte leiblicher Väter: Auftrag an den Gesetzgeber
Dem Gesetzgeber wurde vom Bundesverfassungsgericht der Auftrag erteilt, bis Ende Juni 2025 das Anfechtungsrecht für Väter und damit die Rechte leiblicher Väter neu zu regeln. Eine Elternschaft von mehr als zwei Personen ist denkbar, aber verfassungsrechtlich nicht zwingend. Sollte der Gesetzgeber davon absehen, muss er ein effektives Verfahren schaffen, das leiblichen Vätern ermöglicht, die rechtliche Vaterschaft zu erlangen.
Das Bundesjustizministerium plant bereits eine Reform des Abstammungsrechts. Nach den bisherigen Plänen soll grundsätzlich an nur zwei Elternteilen festgehalten werden. Wenn jedoch ein Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft läuft, soll dies die Anerkennung der Vaterschaft durch einen anderen Mann verhindern. Bis zur Neuregelung können laufende Anfechtungsverfahren auf Antrag ausgesetzt werden.
Sie haben Fragen zu einem ähnlichen Sachverhalt? Gern stehe ich Ihnen als Anwalt beratend zur Seite. Nutzen Sie gern zur Kontaktaufnahme unser Kontaktformular oder rufen Sie uns an.