EuGH v. 4.10.2024 — C‑4/23

Hin­ter­grund und Sachverhalt

Am 4. Okto­ber 2024 ent­schied der Euro­päi­sche Gerichts­hof (EuGH) über die Ver­pflich­tung von EU-Mit­glied­staa­ten zur Aner­ken­nung von Namens­än­de­rung und Geschlechts­än­de­run­gen, die in einem ande­ren Mit­glied­staat vor­ge­nom­men wur­den. Der Fall betraf einen rumä­ni­schen Staats­bür­ger, der im Ver­ei­nig­ten König­reich leb­te und dort eine Namens- und Geschlechts­än­de­rung recht­lich aner­ken­nen ließ. Nach­dem der Klä­ger, ursprüng­lich weib­lich regis­triert, sei­nen Namen und sein Geschlecht im Jahr 2017 im Ver­ei­nig­ten König­reich geän­dert hat­te, bean­trag­te er 2021, dass auch die rumä­ni­schen Behör­den sei­ne neu­en Anga­ben in den rumä­ni­schen Doku­men­ten über­neh­men. Dies umfass­te eine Aktua­li­sie­rung der rumä­ni­schen Geburts­ur­kun­de und der Personenidentifikationsnummer.

Die rumä­ni­schen Behör­den lehn­ten die­sen Antrag ab und for­der­ten, dass der Klä­ger nach rumä­ni­schem Recht ein wei­te­res Ver­fah­ren zur Geschlechts­än­de­rung durch­läuft. Der Klä­ger brach­te den Fall vor ein rumä­ni­sches Gericht und argu­men­tier­te, dass die Ver­wei­ge­rung der Aner­ken­nung gegen sein Recht auf Frei­zü­gig­keit inner­halb der EU ver­sto­ße. Das rumä­ni­sche Gericht leg­te die Fra­ge dem Euro­päi­schen Gerichts­hof zur Ent­schei­dung vor, um zu klä­ren, ob die Ableh­nung der Aner­ken­nung im Ein­klang mit dem EU-Recht ste­he und ob der Brexit eine Aus­wir­kung auf die­sen Fall habe, da die Ände­run­gen im Ver­ei­nig­ten König­reich erfolg­ten, das inzwi­schen nicht mehr zur EU gehört.

Ant­wort des EuGH

Der EuGH argu­men­tier­te zuguns­ten des Klä­gers und stell­te fest, dass Rumä­ni­en ver­pflich­tet sei, die im Ver­ei­nig­ten König­reich vor­ge­nom­me­nen Ände­run­gen anzu­er­ken­nen. Der Gerichts­hof stell­te klar, dass der Brexit auf die­sen Fall kei­nen Ein­fluss hat, da die Ände­run­gen vor bzw. wäh­rend der Über­gangs­zeit nach dem Aus­tritt des Ver­ei­nig­ten König­reichs aus der EU recht­lich aner­kannt wur­den. Damit blie­ben die Namens- und Geschlechts­än­de­run­gen auch nach dem Brexit gül­tig, und Rumä­ni­en ver­pflich­tet, die­se Ände­run­gen anzu­er­ken­nen und in die ent­spre­chen­den rumä­ni­schen Doku­men­te zu übernehmen.

Der EuGH führ­te wei­ter aus, dass die Wei­ge­rung der Aner­ken­nung von Namens- und Geschlechts­än­de­run­gen das Recht auf Frei­zü­gig­keit inner­halb der Euro­päi­schen Uni­on beein­träch­ti­gen kön­ne. Ein Name und eine Geschlechts­zu­ge­hö­rig­keit sind zen­tra­le Bestand­tei­le der per­sön­li­chen Iden­ti­tät, und Unstim­mig­kei­ten in amt­li­chen Doku­men­ten könn­ten zu erheb­li­chen Pro­ble­men im All­tag füh­ren. Dazu gehö­ren unter ande­rem beruf­li­che oder admi­nis­tra­ti­ve Her­aus­for­de­run­gen, die ent­ste­hen, wenn ein Mensch in ver­schie­de­nen Län­dern unter­schied­li­che Anga­ben zur Iden­ti­tät hat.

Das Uni­ons­recht ver­folgt das Ziel, die per­sön­li­che Iden­ti­tät und die damit ver­bun­de­nen Rech­te aller Bür­ger inner­halb der EU zu schüt­zen und zu unter­stüt­zen. Alle Mit­glied­staa­ten sind ver­pflich­tet, das Recht auf Frei­zü­gig­keit zu ach­ten und die bereits aner­kann­ten Ände­run­gen in den per­sön­li­chen Doku­men­ten eines Bür­gers anzu­er­ken­nen. Die Wei­ge­rung Rumä­ni­ens behin­de­re das Recht rumä­ni­scher Staats­an­ge­hö­ri­ger, sich unein­ge­schränkt inner­halb der EU zu bewegen.

Zusam­men­fas­sung

Eine Per­son, die eine Namens­än­de­rung oder Geschlechts­än­de­rung in einem Mit­glied­staat hat aner­ken­nen las­sen, soll inner­halb der gesam­ten Uni­on ohne büro­kra­ti­sche Hin­der­nis­se als sol­che Per­son aner­kannt wer­den können.

Der EuGH führ­te wei­ter aus, dass die EU-Bür­ger­rech­te auf Frei­zü­gig­keit und per­sön­li­che Iden­ti­tät von den Mit­glied­staa­ten respek­tiert und geschützt wer­den müs­sen. Da die Ände­run­gen der per­sön­li­chen Iden­ti­tät bereits im Ver­ei­nig­ten König­reich recht­lich aner­kannt wur­den, gibt es kei­ne Not­wen­dig­keit, dass der Klä­ger ein wei­te­res Ver­fah­ren zur Geschlechts­än­de­rung im Hei­mat­land durch­lau­fen muss. Der EuGH hielt es für unan­ge­mes­sen, dass eine Per­son gezwun­gen wird, ein neu­es Ver­fah­ren zur Ände­rung der Geschlechts­iden­ti­tät ein­zu­lei­ten, das im ungüns­tigs­ten Fall gegen sie aus­ge­hen könn­te. Er wies dar­auf hin, dass die Staa­ten gemäß der Recht­spre­chung des EGMR ver­pflich­tet sind, ein trans­pa­ren­tes und vor­her­seh­ba­res Ver­fah­ren zur recht­li­chen Aner­ken­nung der Geschlechts­iden­ti­tät bereit­zu­stel­len, wel­ches die Mög­lich­keit zur Geschlechts­än­de­rung sicherstellt.

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