Diskriminierung im Bewerbungsverfahren: Das LAG München hatte über die Klage auf Zahlung einer Entschädigung wegen einer Diskriminierung im Bewerbungsverfahren zu entscheiden. Der Kläger, ein Diplomtheologe, bewarb sich bei der Beklagten auf die ausgeschriebene Position der Leitung der Telefonseelsorge. In seinem Bewerbungsschreiben wies er darauf hin, dass er als schwerbehinderter Mensch anerkannt sei. Die Beklagte lud ihn per Email zu einem Online-Vorstellungsgespräch ein. Der Kläger bestätigte den Termin, nahm ihn aber nicht wahr. Auf Nachfrage der Beklagten hin berief er sich auf technische Probleme; eine Entschuldigung für den Ausfall erfolgte nicht. Am Folgetag fand daraufhin ein Ersatzgespräch unter Beisein der Schwerbehindertenvertretung bei der Beklagten statt. Mit Email vom 12.08.2021 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Stelle sei anderweitig besetzt worden. Der Kläger klagte daraufhin beim Arbeitsgericht eine Entschädigung in Höhe von 8.000,- €.
Das LAG München bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichtes. Es führt aus, dass zwischen der Benachteiligung und einem Merkmal im Sinne des § 1 AGG ein Kausalzusammenhang bestehen muss. § 22 AGG sieht im Hinblick auf den Kausalzusammenhang eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn die benachteiligte Partei demnach Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines der in § 1 AGG aufgeführten Merkmale vermuten läßt, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen haben.
Diesen Anforderungen genügte der Kläger jedoch nicht, denn er hatte keine Indizien für eine Benachteiligung bzw. Diskriminierung im Bewerbungsverfahren vorgetragen. Allein, dass er sich selbst für geeignet hielt, legt nicht nahe, dass die Beklagte ihn wegen seiner Behinderung nicht ausgewählt hatte. Eine bloße Behauptung “ins Blaue hinein” ohne tatsächliche Anhaltspunkte genügt hingegen hierfür nicht: allein die Aussage, ein Merkmal gem. § 1 AGG zu erfüllen und deshalb eine ungünstigere Behandlung als eine andere Person erfahren zu haben, begründet kein Indiz für eine Benachteiligung. Die Beklagte hatte vorgetragen, dass sie ihre Entscheidung auf die fehlende Ausbildung des Klägers im therapeutischen Bereich und das Unterbleiben jeglicher Entschuldigung im Hinblick auf den versäumten Vorstellungstermin gestützt hatte. Dem widersprach der Kläger auch nicht. Zudem gebe es keinen allgemeinen Erfahrungssatz dahingehend, dass die Ablehnung eines behinderten Menschen wegen seiner Behinderung erfolgte, so dass LAG München.
Link zur Entscheidung: https://www.lag.bayern.de/imperia/md/content/stmas/lag/muenchen/4_sa_290_22_urteil_anonym.pdf
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Ihr Dr. Frank Biermann
Fachanwalt Arbeitsrecht
Braunschweig